Mineralöle und Paraffine in Kosmetika sorgen für den Sofort-Effekt – aber haben sie auch eine nachhaltig pflegende Wirkung?

Ganz klar: Von einer Hautcreme erwarte ich zuallererst einmal, dass sie wirkt. Das bedeutet, sie sollte einen heilenden und pflegenden Effekt haben – und den möglichst schnell! Mit anderen Worten: Ich will natürlich sofort sehen, dass sich meine Haut (positiv) verändert! 🙂
Da liegt die Vermutung nahe, dass wahrscheinlich genau das der Grund ist, warum so viele Hersteller Mineralöle und Paraffine in Kosmetika verwenden. Denn immer wieder, ja, nur allzu oft stoße ich bei der Lektüre der INCI-Listen auf ebenjene Substanzen. Doch welchen Nutzen haben diese Stoffe tatsächlich in all den Cremes und Lotions? Wie produziert man Paraffine? Und wie nachhaltig pflegend können die Produkte damit überhaupt sein?

Die Informationsfülle zu diesen Themen ist mindestens ebenso groß wie die Kritik an diesen Stoffen. Deshalb möchte ich Euch an dieser Stelle einmal in einem ganz kurzen Überblick die wesentlichen Fakten zusammenfassen und Euch für dieses so wichtige Thema sensibilisieren:

Mineralöle und Paraffine – beliebtes Abfallprodukt für die Industrie

Jeder von uns kennt Mineralöle in verschiedensten Formen. Sie sind enthalten in den Kraftstoffen für unsere Autos und sind Bestandteil von Farben, Lacken, Schmierstoffen usw. Und auch in Medikamenten oder eben Kosmetika sind sie anzutreffen.

Mineralöle sind ein Produkt des Erdöls (in einem weiteren Sinne werden Mineral- und Erdöle auch synonym verwendet).

Erdöl selbst ist ein hochkomplexes chemisches Gemisch: Über Jahrmillionen entstand aus Biomasse, also Tieren und Pflanzen, insbesondere Meereskleinstlebewesen und Algen, in tiefen Gesteinsschichten durch den Einfluss von hohem Druck und hohen Temperaturen das Rohöl. Dieses durchläuft nach der Förderung den industriellen Prozess der Raffinierung.

Paraffine sind im Prinzip ein Abfallprodukt, das bei der Destillation von Erdöl anfällt und das – mehrfach gereinigt und aufbereitet – in der Industrie zahlreich Anwendung findet: Als Schuhcreme, Kerze, Putzmittel – oder eben als Bestandteil von Kosmetik. Chemisch betrachtet sind Paraffine gesättigte Kohlenwasserstoffverbindungen.

Darum enthalten so viele Kosmetikcremes Mineralöle/Paraffine

Aber was ist nun der Vorteil von Paraffinen bzw. warum sind sie in so vielen Kosmetika zu finden? Als Grundstoff für Salben, Cremes, Lotionen und Lippenstifte sind Mineralöle sehr preisgünstig und garantieren eine gute Haltbarkeit. Denn Paraffine sind im Gegensatz zu pflanzlichen Ölen im Prinzip ewig haltbar.

Mineralöle und Paraffine in Kosmetika dienen als Fettbasis für preiswerte Cremerezepturen, denn sie unterstützen die Emulsionsbildung. Das wiederum verbessert die Emulsionsbeständigkeit und Haltbarkeit von Cremes, Lotionen etc.

Paraffine haben eine wachsartige, ölige Konsistenz, sind geruchs- und geschmacklos sowie wasserabweisend. Somit gibt es eine Reihe von positiven Eigenschaften, die sie für den Einsatz in Pflegeprodukten qualifizieren.

Woran ich Mineralöle und Paraffine in Kosmetika erkenne

Man erkennt diese Öle leicht an den Bezeichnungen, wie u.a.:

  • Paraffin Liquidum
  • Petrolatum
  • Mineral Oil
  • Vaseline
  • Microcrystalline Wax
  • Ceresin
  • Ozokerit

Auffällig oft erkenne ich übrigens an den ersten beiden Stellen der Auflistung der Inhaltsstoffe „Paraffinum Liquidum“ – und das auch bei sehr preisintensiven Produkten namhafter Hersteller ;-).

Der beliebte „Sofort-Effekt“ von Mineralölen

Paraffine stabilisieren die Oberflächenstruktur bei sehr trockener Haut. Ein transepidermaler Wasserverlust bzw. die Abdunstung über die Hornschicht wird beim Auftragen dieser mineralischen Öle reduziert. Dadurch kann sich der Zustand der Haut schneller stabilisieren.

Und genau das ist der Grund, warum die Hersteller – auch teurer Pflegeprodukte – so gerne auf Paraffine zurückgreifen: Mineralöle machen die Haut unmittelbar geschmeidiger und geben ihr sofort einen weichen, sanften Touch.

Den hier beschriebenen Effekt macht man sich aber auch in der Dermatologie positiv zunutze! Zum Beispiel bei Salbenrezepturen mit gezielten Wirkstoffen. Die teilokkludierenden (verschließenden/abdeckenden) Eigenschaften verbessern und intensivieren das Eindringvermögen der Wirksubstanzen in die Hornschicht der Haut, was dann wiederum natürlich medizinisch sinnvoll ist.

Die „Paraffin-Falle“: Langfristig kann die Haut austrocknen

Studien weisen darauf hin, dass die Anwendungsdauer und die Konzentration bei der Verwendung von paraffinhaltigen Cremes oder Salben eine Rolle spielt. Der zielgerichtete Einsatz von Paraffinum ist als verträglich und allergenarm erprobt; insbesondere in der Pädiatrie (zum Beispiel Wundschutzcremes) .

Die Regenerationsfähigkeit der Haut soll anscheinend intakt bleiben. Jedoch kritisieren Naturkosmetiker und die Zeitschrift Ökotest paraffinhaltige Cremes, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz enthalten (>10%), da ansonsten die Gefahr einer Austrocknung der Haut droht.(4) Denn die wasserunlöslichen Mineralölverbindungen können nämlich nicht wirklich in die Haut einziehen, sondern legen sich nur oberflächlich auf die Haut. Die Folge: Poren verstopfen, der Haut-Schutzmantel wird gestört, die Haut trocknet bei häufiger Anwendung aus und kann sich nicht mehr regenerieren. Der vermeintliche Pflege-Effekt verkehrt sich also ins Gegenteil, Falten sind dann garantiert! Was macht man also? Klar, noch mehr cremen! Ein circulus vitiosus beginnt…

Das primär angenehme Hautgefühl (siehe oben) geht nicht einher mit einer echten tiefen Revitalisierung der Hautschichten, da Mineralöle nicht der Hautphysiologie entsprechen.

Nicht nachhaltig und womöglich krebserregend – warum ich paraffinhaltige Produkte nicht verwende

Mineralöle und Paraffine in Kosmetika sind demnach nicht für eine endogene (tiefe) Regeneration der Haut geeignet; es gibt sehr gute Alternativen, wie pflanzliche Öle und Fette, die durchaus von der Haut aufgenommen werden.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle noch eine Untersuchung der Stiftung Warentest, die mit MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) und MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons) zwei Verbindungen in paraffinhaltigen Produkten nachgewiesen hat, die offenbar als gesundheitsschädlich gelten. Letztere gilt sogar als karzinogen (krebserregend).

Pflanzliche Öle pflegen unsere Haut und sind gute Alternativen!

Betrachtet man die Summe der oben geschilderten Eigenschaften von Mineralölen und Paraffinen in Kosmetika, gibt es für mich viel zu viele Kritikpunkte und Fragezeichen. Oder schlicht keinen Grund, derartige Produkte zu kaufen. Vielmehr konzentriere ich mich auf Alternativen. Und davon gibt es eine Menge: Pflanzliche Öle sind zwar nicht so haltbar, aber harmonieren deutlich besser mit unserer Haut!

Bei der Auswahl hochwertiger Pflege-Cremes ist es daher ratsam, auf Inhaltsstoffe mit hautphysiologischen pflanzlichen Ölen, die aus Triglyceriden bestehen, zu achten.

Um hier mal nur einige zu nennen:

  • Phospholipide
  • Ceramide
  • Phosphatidylcholin
  • Squalan

Fazit

Eine gute Hautpflege muss mit unserer Hautbeschaffenheit harmonieren und sie gesund halten.

Wer eine tiefe Revitalisierung der Haut oder deutliche Hautverbesserungs-Ergebnisse erzielen möchte, wird bei Cremerezepturen mit einem hohen Anteil von Mineralölen, meines Erachtens nichts erreichen. Das weiß ich heute, nach vielen Tests diverser Pflegeprodukte – meine Haut reagiert entweder gar nicht oder mit Unreinheiten im Wechsel mit Trockenheit, nach Anwendung mineralölhaltiger Pflege-Cremes.

Mineralöle/Paraffine sind für langlebige, preiswert zu produzierende Produkte geeignet, die sich primär auf Hautglättung oder besser gesagt, auf die Oberfläche fokussieren. Besonders befremdlich finde ich Kosmetika von sehr namhaften Herstellern, die stark paraffinhaltige Cremes teuer verkaufen. Da werde ich garantiert nicht schwach.

Wer hohe Ansprüche an seine Hautpflege hat sollte meines Erachtens Creme-Rezepturen mit pflanzlichen Ölen, die auch von der Haut aufgenommen werden und langfristig wirken, bevorzugen.

Sind Mineralöle/Paraffine in Cremes eine Gefahr? Ich würde sagen: eher nicht – jedoch einfach nicht nützlich! Lediglich in Salben, die zu medizinischen, respektive therapeutischen Zwecken eingesetzt werden, sind diese sinnvoll oder wer mit einem kurzfristigen Hautglättungs-Effekt zufrieden ist.

Quellen:

  1. Maibach HI: Barrier creams (skin protective creams). Cosmet. & Toiletr. 6 (2000) 30-34 
  2. http://www.dermotopics.de/german/ausgabe_4_01_d/paraffinoel_4_01_d.htm
  3. Kinder­ und Jugendheilkunde, http://www.springermedizin.at/artikel/22105­die­hautschutzbarriere­intakt­halten 
  4. Ökotest Kosmetik, Nr. 1. 2001

Katja Kappesser

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